European Music Project
SO, 26. SEPT 2021, 15:00 UHR | Theater im Pumpenhaus, Gartenstraße 123
Werke von Oxana Omelchuk (UA), Giacinto Scelsi und George Crumb
Für alle, die nicht live dabei sein können, gibt es die Möglichkeit, das Konzert im Streaming zu verfolgen. Klicken Sie dafür hier!
Oxana Omelchuk
Carte Blanche (UA)
Giacinto Scelsi
Khoom
George Crumb
Black Angels
European Music Project
Anna Clementi: Stimme
Elena Kakaliagou: Horn
Adam Weisman: Perkussion
Antonis Anissegos: Klavier, Perkussion
Wolfgang Bender: Violine
Salma Sadek: Violine
Miriam Götting: Viola
Mathias Mayr: Cello
Jürgen Grözinger: Dirigent, Perkussion
Carte Blanche (UA) für Klavier, Streichquartett und Schlagzeug von Oxana Omelchuk ist eine Reaktion auf die jüngsten Ereignisse in Belarus, dem Heimatland der Komponistin. Entsetzt und fassungslos in Anbetracht der brutalen Unterdrückung der Proteste im Land zeigt sie mit ihrer Arbeit eine ganz eigene Art, mit den politischen und sozialen Geschehnissen umzugehen. Inspiriert von René Magritte wählt sie für das neue Werk eine andere Herangehensweise. Nicht mit Angst, sondern mit dem Mittel der Bezauberung stellte sich Magritte dem Schlechten in der Welt entgegen.
„Kann sein, dass manche eine solche Kunstauffassung als eine Art Flucht, einen feigen Austritt aus der Realität bezeichnen würden. Trotzdem scheint mir die Taktik des Gegenangriffes (über die auch Magritte spricht) als einzige Form, der absurden Gewalt etwas Radikales entgegen zu setzten. In diesem Stück habe ich entschieden, diesen Weg einzuschlagen.“
Wie in vielen ihrer Werke verarbeitet die Komponistin persönliche musikalische Einflüsse. Neben Brahms’ Intermezzo op. 118, liegen Carte Blanche belarussische Gesänge zu Grunde. Mit ihnen wird die Hoffnung auf „Verzauberung“ weitergetragen – eine Hoffnung, welche weißrussische Frauen zu besänftigendem Singen von Schlafliedern für ein brutales Regime bewegte.
Oxana Omelchuk, in Belarus geboren, studierte bei Johannes Fritsch und Michael Beil an der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Neben ihren kompositorischen Tätigkeiten tritt sie als Musikerin in verschiedenen Formationen auf, zum Beispiel im Duo mit Constantin Herzog (analoge Synthesizer und Kontrabass), im Quartett MONOPASS mit Florian Zwißler, Luís Antunes Pena und Mark Polscher (analoge Synthesizer) sowie im Simon Rummel Ensemble. Omelchuks Musik wurde u.a. vom Ensemble Musikfabrik, dem SWR Vokalensemble, Studio Dan, dem Klangforum Wien, Radio-Symphonie Orchester Wien und dem Ictus Ensemble aufgeführt, u.a. bei ACHT BRÜCKEN | Musik für Köln, ECLAT Stuttgart, Wien Modern, Afekt Festival Tallinn, musikprotokoll Graz, Ars Musica Brüssel und dem Warschauer Herbst. Sie erhielt verschiedene Auszeichnungen und Stipendien, darunter das Bernd-Alois-Zimmermann-Stipendium der Stadt Köln (2006) und ein Aufenthaltsstipendium in der Künstlerresidenz Villa Aurora Los Angeles/USA (2018). Im Oktober 2019 wurde ihre Porträt-CD der Edition Zeitgenössische Musik des Deutschen Musikrates veröffentlicht. Zudem wurde sie 2019 für den Deutschen Musikautorenpreis in der Kategorie Ensemble mit Elektronik nominiert.
Khoom (1962) von Giacinto Scelsi entzieht sich, wie auch seine Person selbst, einer klaren Einordnung. Scelsi verschleierte zeitlebens seine eigene Biografie und sah sich mehr als wiedergeborenes Medium denn als Komponistenpersönlichkeit. Typisch für das spätere Schaffen des italienischen Komponisten ist, wie in Khoom zu hören, die Fokussierung auf einen Zentralton, welcher mikrotonal moduliert und mit feinen Nuancen instrumentiert wird. Dies begründet auch die Wahl der Besetzung. Der Untertitel, Sieben Episoden einer ungeschriebenen Erzählung von Liebe und Tod in einem fernen Land, ist das sprachlich konkreteste Element des gesamten Stückes. Eigene Wortschöpfungen deuten in ihrer Undeutlichkeit eine Ferne an, deren Unbestimmtheit durch episodenartig hervorgerufene Zustände nur noch verstärkt wird.
Aus noch viel düsterer Ferne kommt die Musik in Black Angels (1970) von George Crumb. In diesem Werk für „elektronisches Streichquartett“ lassen bereits symbolische Untertitel wie Lost Bells, Danse Macabre und Threnody (Totenklage) das musikalische Geschehen erahnen. Neben Anspielungen, etwa an Schuberts Quartett Tod und das Mädchen, findet sich im Werk auch eine strukturgebende Zahlensymbolik: Black Angels gliedert sich in dreizehn Bilder (Images from the Dark Land) und ist auf Freitag, den 13. März 1970 datiert – versehen mit der Anmerkung, dass das Werk zu Kriegszeiten geschrieben wurde. Crumbs Verweis auf den Vietnamkrieg offenbart die Luzidität seines kompositorischen Schaffens gegenüber äußeren Einflüssen und offenbart die politische Dimension des Werks.
Das Berliner Ensemble European Music Project (EMP) widmet sich zeitgenössischer Musik auf unterschiedlichste Weise, besonders durch innovative Programmgestaltung und durchdachte Präsentationsformen für ganz unterschiedliche Publikumskonstellationen. Das Ensemble, geleitet von Jürgen Grözinger, spielt in Formationen vom Trio bis zum Kammerensemble. Die Kernbesetzung besteht aus Stimme, Perkussion/DJ, Klavier/Keyboard, zwei Violinen, Viola, Cello und Kontrabass. Seit 1996 ist EMP Ensemble-In-Residence im Festival Klanghaus/neue musik im stadthaus in Ulm. Rundfunk- und CD-Produktionen gab es für WERGO, Cantaloupe Music (New York), Deutschlandfunk, SWR, SR und BR. EMP hat bereits mit Komponist:innen wie Klaus Huber, Michael Nyman, David Lang, Laurie Schwartz, Samir Odeh-Tamimi, Violeta Dinescu, Stepha Schweiger, Minas Borboudakis, Bernd Franke, Sandeep Bhagwati sowie zahlreichen renommierten Sänger:innen und Instrumentalist:innen gearbeitet. Projekte und Einladungen führten EMP u.a. zu Spazio Musica (Cagliari), Tête à Tête (London), Louisiana Museum (Kopenhagen), Janacek Academy (Brno), Kasseler Musiktage, Festival Europ. Kirchenmusik (S. Gmünd), Musik 21 (Hannover), Staatsgalerie Stuttgart, Mozartfest Augsburg, Chiffren Kiel, Radialsystem Berlin sowie BKA, Philharmonie, Konzerthaus Berlin.