consord

FR, 24. SEPT 2021, 20:00 UHR | Theater im Pumpenhaus, Gartenstraße 123
Werke von Joanna Wozny (UA) und Frederic Rzewski

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Joanna Wozny
diá/trans (UA)

Joanna Wozny
no nearer

Frederic Rzewski
Chains


consord
Pavel Tseliapniou: Flöten
Tamon Yashima: Oboe
Robert Beck: Klarinetten
Enrico Taubmann: Saxofone
Eugénie Ricard: Fagott
Yachu Yang: Horn
Danbie Lee: Trompete
Karsten Süßmilch: Posaune, Stimme
Jan Termath: Tuba
Gereon Voß, Felix Feßke: Schlagwerk
Deborah Rawlings: Piano
Stephan Wolke: E-Gitarre
Constantin Herzog: Kontrabass
Emanuel Wittersheim: Klangregie


Im ersten Konzert des Münsteraner Ensembles für Neue Musik consord auf der KLANGZEIT__#11 liegt der Fokus auf Werken der polnischen Komponistin Joanna Wozny (*1973). Hochkomplexe kompositorische Strukturen und die detailgenaue Auslotung instrumentaler und damit klanglicher Möglichkeiten sind prägende Merkmale ihres Schaffens, welches überwiegend kammermusikalische Kontexte in den Blick nimmt. Dynamische Ausdifferenzierung, spieltechnische Raffinessen und auskomponierte Flüchtigkeit einzelner Töne, wie entrückt von ihren Klangerzeugern, kulminieren zu einem musikalischen Gesamtbild. In no nearer (2017) zerlegt Wozny Klänge wie unter einem Mikroskop in einzelne Partikel. Als würde man stets von neuem einen Raum betreten, erscheinen immer gleiche „sonic images“ als zerstreuter Kanon, wirken Impulse als Echo nach. Dabei gelingt es der Komponistin, repetitive Strukturen gezielt aufzubrechen. In ihrem neuen Werk diá/trans (UA) geht es ebenfalls um Konstruktion und Dekonstruktion, um eine „ständige Verunklarung (scheinbar) zielgerichteter Prozesse“. Exit ist für die Komponistin kein endgültiger Zustand, sondern vielmehr ein Bewegungsmoment – Klänge bewegen sich auf der Schwelle zwischen Entstehen und Vergehen, zwischen Auftauchen und Verschwinden. Wozny lässt dabei stets von Neuem „Exit-Szenarien“ entstehen, indem bereits ausgearbeitete Strukturen verlassen und durchbrochen werden:

„Die Frage, welcher Endzustand erreicht werden sollte oder könnte, bleibt offen.“ (Joanna Wozny)

Joanna Wozny

Joanna Wozny (*1973, Polen) studierte Philosophie in Katowice sowie Komposition und Musiktheorie bei Gerd Kühr und Beat Furrer an der Kunstuniversität Graz. Sie erhielt zusätzlichen Kompositionsunterricht bei Younghi Pagh-Paan. Wozny erhielt diverse Preise und Auszeichnungen, darunter das Österreichische Staatsstipendium für Komponisten, den Erste Bank Kompositionsauftrag, SKE Publicity Award sowie den Andrzej-Dobrowolski-Kompositionspreis. Joanna Woznys Schaffen umfasst das gesamte Spektrum der Instrumentalmusik von Solo- und Kammermusikwerken bis zu Ensemble- und Orchesterkompositionen. Daneben entstanden auch elektronische Kompositionen sowie Werke für Chor und Gesang. Ihre Werke wurden u.a. durch das DSO Berlin, RSO Wien, Münchner Rundfunkorchester, Klangforum Wien, ensemble recherche, ensemble mosaik, Ensemble Ascolta, Neue Vocalsolisten Stuttgart und das Plural Ensemble aufgeführt und erklangen auf zahlreichen renommierten Festivals wie Wien Modern, Musikprotokoll Graz, Ultraschall-Festival Berlin, Warschauer Herbst, ECLAT-Festival Stuttgart, Klangspuren Schwaz, Forum Neuer Musik Köln, Musikprotokoll Graz, Wittener Tage für neue Kammermusik und ISCM World New Music Days 2013.

www.editionjulianeklein.de


Ebenfalls auf dem Programm steht Chains (1986) für Sprecher und Instrumente des amerikanischen Komponisten und Pianisten Frederic Rzewski (1938–2021). Die insgesamt zwölf Teile des Werks (gespielt werden neun) wirken in ihrer Kürze und Geschlossenheit wie Episoden einer thematisch lose gebundenen Erzählung. Die sprachgewandten Titel geben bereits erste Hinweise auf die eindeutig politische Durchdringung der Komposition, wie es für das Schaffen des Nachkriegs-Avantgardisten insgesamt zutreffend ist. Hauptbedeutungsträger in Chains ist der Sprechtext, eine Kompilation von u.a. rhythmisierten Texten anderer Autor:innen, vorzulesenden Ausschnitten aus tagesaktuellen Zeitungsartikeln sowie eigenen poetischen Fragmenten. Dabei steht der instrumentale Part mal kommentierend oder persiflierend am Rand, begleitet lebendig rhythmisiert und wirkt vom Jazz beeinflusst, steht melodiös im Schatten der Wörter oder sucht eigenwillige Wege der Selbstbehauptung. In den musikalischen Repetitionen, Verschiebungen, überlegten Kombinationen von Pattern sind außerdem die Einflüsse der Minimal Music hörbar. Niemals schmachtend tragisch, oft sarkastisch und auf den Punkt, manchmal geduldig abwartend behandelt Rzewski gewichtige Themen mit einer sehr unmittelbaren Musik.


Das Münsteraner Ensemble consord hat sich seit 2016 mit aktuell 15 Mitgliedern (von 2006 bis dahin als Sextett unter dem Namen ensemble:hörsinn) als Ensemble für Neue Musik mit eigenen Konzerten, Workshops sowie durch Einladungen zu Festivals einen Namen machen können. Ein Schwerpunkt auf Blasinstrumente und zuletzt die Erweiterung um Live-Elektronik und E-Gitarre machen das Ensemble einmalig in der Ensemble-Landschaft NRWs.

consord ist ein Ensemble für Neue Musik und bewegt sich damit am Puls der Zeit. Gleichzeitig ist die Neue Musik je nach Sichtweise schon über 100 Jahre alt. consord bemüht sich in diesem Rahmen darum, Programme zu gestalten, die die Menschen von heute betreffen – unabhängig vom Alter der Musik. Entscheidend ist, dass die Stücke zusammen passen. In unseren Programmen geht es um das Verhältnis der einzelnen Stücke zueinander. Sie ergeben ein großes Ganzes. Fast wie eine eigene Komposition. Dabei bedient consord klanglich die ganze Bandbreite von Bläserkammermusik bis zur Rockband.

Neben der vollen Besetzung von 15 Musiker:innen pflegt consord auch Teilbesetzungen mit Holzbläsern und Blechbläsern, jeweils ergänzbar durch Klavier, Schlagzeug oder Elektronik. Die Idee der Kammermusik in kleineren Teilensembles überträgt sich auch in das große Ensemble. Instrumentalist:innen, Dirigent:innen und Komponist:innen sind Partner auf Augenhöhe. Ziel ist immer ein kammermusikalisches Zusammenspiel.

www.consord.net